Freiwillig auf einem Bergbauernhof mit steilen Wiesen arbeiten klingt im ersten Moment anstrengend und das ist es auch. Dennoch finden sich jährlich etliche Helfer, die dies gegen Kost und Logis tun. So auch am 1.457 Meter hoch gelegenen Oberpursteinhof im Südtiroler Ahrntal.
Der Arbeitstag beginnt um 6 Uhr morgens, denn zuerst müssen die zwölf Milchkühe gemolken werden. Nach einem kräftigen Frühstück geht es hinaus auf die steilen Bergwiesen. Die meisten Flächen, die bis zu 60 Grad Steigung aufweisen, können mit dem Motormäher gemäht werden. An besonders steilen oder schwer zugänglichen Stellen kommt aber auch noch die Sense zum Einsatz. Mit dem Muli kann lediglich auf den Wegen gefahren werden. Das Futter gelangt per Hand dorthin.
Freiwillige Arbeitseinsätze
So sieht ein Tagesablauf während der Heuernte am Oberpursteinhof in Sand in Taufers im Südtiroler Ahrntal aus. In dieser Zeit ist der knapp 20 Hektar (davon zwölf Hektar Wald) große Betrieb auf freiwillige Unterstützung angewiesen. Im Laufe des Sommers kommen fünf bis acht verschiedene Leute auf den Hof und helfen dem Bergbauern Reinhold Volgger. Dieser hat 1988 den Milchviehbetrieb von seinen Eltern übernommen. „Ich bin seit es den Verein ‚Freiwillige Arbeitseinsätze‘ gibt dabei, also seit mittlerweile 29 Jahren. Ohne diese Unterstützung würde ich es kaum schaffen“, erzählt Volgger. Klaus Müller-Pfannenstiel aus dem Ruhrgebiet in Deutschland ist einer dieser Helfer. Der 62-Jährige ist heuer zum ersten Mal für zwei Wochen am Oberpursteinhof. Dass er sich freiwillig für eine solch anstrengende Arbeit entscheidet, erklärt er so: „Viele Menschen suchen nach einer körperlichen Herausforderung, ohne dafür bezahlt zu werden. Hier auf dem Hof ist es durch die steilen Hänge körperlich extrem anstrengend. Aber wenn ich abends ins Bett gehe, bin ich glücklich, weil ich sagen kann: Heute habe ich etwas geschafft.“

Es gebe einem persönlich viel mehr, wenn man dieses Anspruchsdenken beiseitelasse und es für einen guten Zweck mache. Das ist laut Müller-Pfannenstiel viel wertvoller, als Geld dafür zu bekommen.
Nur ein Schnitt pro Jahr
Auch wenn sich die Arbeitsverhältnisse in den letzten Jahren etwas verbessert haben, werden die steilen Wiesen vom Oberpursteinhof nur einmal jährlich gemäht. Genug Futter für das Vieh bekomme der Landwirt aber dennoch.
„Ich bin hier am Hof geboren und bin die Arbeit von klein auf gewöhnt.“ Trotzdem ist Volgger froh, wenn er nicht mehr alles mit der Sense mähen muss. Auch muss das Heu bei besonders steilen Wiesen nicht mehr wie einst mit einer Rückentrage den Hang hinaufgetragen, sondern kann mittels Seilwinde heraufgezogen werden.

Ein Urlaub mit Blick hinter die Kulissen
Für Klaus Müller-Pfannenstiel ist diese Zeit wie ein Urlaub, aber auf eine andere Art und Weise: „In den meisten Reisekatalogen wird alles idealisiert, hier aber lerne ich die Menschen und deren Arbeit kennen. Dass das Landschaftsbild so schön ist, verdanken wir den Bauern.“ Er selbst ist stolz darauf, hierfür einen kleinen Beitrag zu leisten.
Laut Reinhold Volgger kommen sehr viele Freiwillige ein zweites Jahr. Auch Müller-Pfannenstiel kann sich gut vorstellen, im kommenden Jahr erneut zu helfen. Bislang hatte Volgger noch nie Probleme mit den Helfern, alle waren motiviert und gaben ihr Bestes. „Ich bin nach wie vor mit den meisten Freiwilligen in Kontakt, auch mit denen, die schon vor Jahren hier waren.“
Lachend erzählt er auch, wenn er alle besuchen würde, dann wäre er mehrere Wochen unterwegs. Ein Urlaub gehe sich für den Bergbauern allerdings so gut wie nie aus.
Südtirols Landwirtschaft: In Südtirol gibt es insgesamt 20.023 landwirtschaftliche Betriebe, mehr als 11.000 davon sind Bergbauern. Die restliche Fläche wird von Obst- und Weinbauern bewirtschaftet.
Etwa 250 Bergbauernhöfe werden unterstützt
Die Südtiroler Bergbauernhilfe ist eine Initiative des Bauernbundes und wurde 1996 gegründet. Im vergangenen Jahr meldeten sich knapp 1.600 Freiwillige. Die meisten davon stammen aus Deutschland, gefolgt von Südtirol selbst, Italien, Österreich, der Schweiz und anderen Ländern. Die Geschlechterverteilung ist ausgewogen, mit einem leichten Überhang der Frauen. Die meisten sind entweder Studenten oder Pensionisten.

Im Vorjahr suchten etwa 253 Bauern bei der Bergbauernhilfe um Unterstützung an, die meisten davon aus dem westlich gelegenen Vinschgau. Insgesamt wurden 15.254 Einsatztage registriert, was die Bedeutung der Freiwilligenunterstützung in Südtirols Landwirtschaft hervorhebt.
Situation in ÖsterreichHierzulande gibt es auch die Möglichkeit, sich freiwillig in der Landwirtschaft zu engagieren. Vorreiter ist das Konzept „Freiwillig am Bauernhof“, welches 2004 in Tirol als institutionsübergreifendes Projekt gegründet wurde. Seit 2006 wird es vom Maschinenring abgewickelt und hat sich inzwischen auf weitere Bundesländer ausgedehnt. Knapp 500 Einsätze auf etwa 100 Betrieben werden pro Jahr verzeichnet.
- Bildquellen -
- Muli: BZ/Berger
- Enkel Max: BZ/Berger
- Mahd: BZ/Berger