„Sensenmänner“ mit fast 500-jähriger Geschichte

Die Sensenschmiede „Franz de Paul Schröckenfux“ prägt seit 1540 die Gemeinde Roßleithen in Oberösterreich. Der Betrieb gehört in Europa zu den letzten
seiner Art. Exportiert werden die Sensen weltweit.

 

In der kleinen Gemeinde Roßleithen – sie zählt keine 2.000 Einwohner – gibt es einen Ort, an dem Geschichte greifbar wird: eine Sensenschmiede, die seit der frühen Neuzeit existiert und in der die Arbeitsgeräte noch heute hergestellt werden. Der Betrieb ist eine der letzten Produktionsstätten für handgeschmiedete Sensen, auch über Österreichs Grenzen hinaus. Weltweit betrachtet, beherrschen nur noch eine Handvoll Firmen das Verfahren. Zwei Hersteller bestehen noch in Italien und Slowenien.
Die Sensenschmiede in Roßleithen ist im 17. Jahrhundert von Familie Schröckenfux übernommen worden und firmiert seit 1837 unter dem klingenden Namen „Franz de Paul Schröckenfux“. Somit zählt das Unternehmen zu den am längsten bestehenden in Österreich.

Quelle: BZ/Lindninger-Cacha
Seit 1837 produziert die Schmiede unter dem Namen Schröckenfux.

Aufwendige Herstellung

Etwa 25 Arbeitsgänge sind notwendig, bis das ursprünglich 4,5 Millimeter dicke und vier Zentimeter breite Stück Stahl in ein fertiges Sensenblatt verwandelt ist. Es verlangt Geschick, dieses Handwerk, das heute durchaus schon als Kunsthandwerk verstanden werden kann.
Herzstück der Produktion ist das Breiten. Das erledigt der sogenannte „Breiter“: jener Mitarbeiter, der an einem großen Schmiedehammer sitzt und den glühenden Stahlstrang durch präzises Hin- und Herbewegen unter den Hammerschlägen in die gewünschte Breite bringt. Sein Arbeitsplatz ist so wie der aller Kollegen in der Schmiede keine Wellnesszone. „Es ist ein eher rauer Betrieb, eine Schmiede halt“, sagt Geschäftsführer Klaus Perthmayr, betont aber sogleich: „Viele finden das auch spannend.“

“Mit einer richtig eingestellten Sense und einer guten Schneid‘ ist das Sensenmähen kinderleicht.” – 
Klaus Perthmayr

Zum Glück, denn gute und motivierte Mitarbeiter zu haben, sei das Um und Auf für das Fortbestehen des Betriebes. Das gilt zwar für jedes Unternehmen, in der letzten Sensenschmiede des Landes aber umso mehr: Der Lehrberuf Sensenschmied ist längst ausgestorben – „Learning by doing“ lautet die Devise. Dass die Leute im Tal eher sesshaft seien, wie Perthmayr es nennt, komme dem Unternehmen entgegen: Die meisten der 25 Mitarbeiter sind seit vielen Jahren im Betrieb. Auch dass die Arbeit von einer Genera­tion an die nächste übergeben wird, komme vor.

Quelle: BZ/Lindninger-Cacha
Der „Breiter“ sitzt am großen Schmiedehammer und formt ein Stück Stahl zum Sensenblatt.

„Dieses Wissen ist unwiederbringlich“, sagt Perthmayr und bekräftigt: „Unsere Mitarbeiter sind das wertvollste Kapital. Hier macht der Einflussfaktor Mensch 100 Prozent aus. Die Maschinen sind nur ein Hilfsmittel, denn jede Bewegung wird von Menschen ausgeführt.“ In hunderten von Jahren hat sich daran nicht viel geändert. Die Rahmenbedingungen schon. Was früher durch die Kraft der Pießling – eines Baches, der durch das Firmengelände fließt – angetrieben wurde, läuft heute mit Strom.
Exportiert wird in alle Welt. Selbst das hat eine lange Geschichte, waren Sensen doch eines der ersten Exportprodukte Österreichs. Von den etwa 100.000 Stück, die Roßleithen pro Jahr verlassen, werden 80 bis 85 Prozent exportiert. „Nach Nord- und Südamerika, in fast alle europäischen Staaten, in den Nahen Osten, nach Australien und Neuseeland“, sagt Perthmayr.

“Die Maschinen sind nur ein Hilfsmittel, denn jede Bewegung wird von Menschen ausgeführt.“ – Klaus Perthmayr

Kein Sprit, kein Lärm

Woran erkennt man nun die Qualität einer Sense? „Qualitätsmerkmale sind ein sauberes Blatt, die gleichmäßige, genaue Härte und Formgenauigkeit des Sensenblattes und natürlich eine scharfe Schneide“, sagt Perthmayr. „Ein Laie kann das nicht gleich erkennen, aber wer weiß, was eine gute Schneid‘ ist, der merkt den Unterschied“, versichert er. Mit einer richtig eingestellten Sense mit guter Schneide sei das Mähen „kinderleicht“, betont Perthmayr und nennt gleich die Vorteile des Sensenmähens: „Man braucht keinen Sprit, erzeugt keinen Lärm und keinen Gestank. Im Gegenteil, das frisch geschnittene Gras riecht gut“, sagt der Experte.
Ökologisch und naturnah weckt das Arbeitsgerät auch bei jungen Menschen Interesse, wie sich an der Nachfrage nach Kursen zeige. Vermehrt zur Sense greifen Gartenbe­sitzer in der Stadt oder in Stadtnähe, genauso wie Bauern in bergigem Gebiet. Flächiges „Gruppenmähen“ finde auf Bergwiesen genauso wie im Botanischen Garten in Wien statt. Verwendet wird die Sense auch zur Kulturpflege im Forst, wofür es spezielle kürzere Sensenblätter zum Ausmähen von Bäumen gibt. Apropos Sensenblatt: Angebracht ist dieses an einem Stiel mit zwei Griffen, fachmännisch als Sensenwurf oder Sensenbaum bezeichnet, umgangssprachlich auch „Worb“ genannt.
Um 1900 wurden pro Jahr etwa zwölf Millionen Sensen in 215 Schmieden in Österreich gefertigt, allein in Oberösterreich gab es damals 42 Gewerke.
Heute sind es die letzten Sensenmänner in Roßleithen, die das Kulturgut lebendig halten und auch morgen noch Stück für Stück durch ihre Hände formen werden.

- Bildquellen -

  • Sensenmänner Gebäude: BZ/Lindninger-Cacha
  • Breiter: BZ/Lindninger-Cacha
  • Geschäftsführer: BZ/Lindninger-Cacha
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